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Kapitel 6: Wirtschaft und Energie

Klimaneutral geht nur gemeinsam

Der Gemeinderat hat im Jahr 2020 einstimmig beschlossen, dass Tübingen bis 2030 klimaneutral werden soll, und die vielen Schritte aufgelistet, die dazu notwendig sind. Dazu wurden mit unserer Unterstützung in den letzten Jahren viele erfolgreiche Maßnahmen ergriffen. Wir können aber unser Ziel nur dann erreichen, wenn alle Akteur*innen, wie Stadtverwaltung, Gemeinderat, Unternehmen, die Universität und die Einwohner*innen verstärkt an einem Strang ziehen. Hierfür braucht es weiterhin Beratungsangebote sowie finanzielle Anreize und Förderung durch die Stadt und die Stadtwerke.

Beratung und Förderung für alle

Die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt und der Stadtwerke ist für das Erreichen der Klimaziele unerlässlich. Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten, Tipps und Tricks zum effizienten Energiesparen müssen noch bekannter gemacht werden, denn von vielen Finanzhilfen erfährt man nur durch Zufall. Al/Grüne wollen, dass die Stadt und die Stadtwerke neben ihren eigenen Förderprogrammen auch die Förderangebote von Land und Bund bekannter machen, insbesondere die finanzielle Unterstützung für Haushalte mit geringem Einkommen. Für die Fälle, in denen die eigenen Mittel für größere Investitionen nicht ausreichen, sollen die Stadtwerke neben den bestehenden Finanzierungsmodellen für PV-Anlagen auch Lösungen für Heizsysteme entwickeln (Kauf-, Pacht- oder Contractingmodelle). Individuelle, an das Wohnumfeld angepasste Beratung ist ein weiterer wichtiger Baustein, der verbessert und ausgebaut werden kann. In diesem Zusammenhang wäre es sinnvoll, Möglichkeiten zu schaffen, wie Bürger*innen ihre Erfahrungen austauschen können. Es ist uns ein besonderes Anliegen, die Hemmschwelle für Bürgerinnen und Bürger zu senken, um selbst erneuerbare Energien zu installieren Wir begrüßen das städtische Förderprogramm in diesem Bereich und möchten es auch weiterhin mit den notwendigen finanziellen Mitteln ausgestalten. Mögliche Erleichterungen bei der Umsetzung von Balkonsolaranlagen müssen offensiv beworben werden.

Krisenfest aufgestellt

Die zu 100 Prozent bürgereigenen Stadtwerke Tübingen (SWT) investieren seit zehn Jahren anfallende Gewinne in die Eigenerzeugung erneuerbarer Energie, in Wasserkraft, Windkraft, Solarthermie und Fotovoltaik, demnächst auch in Biogas aus Abfällen. Inzwischen werden auch hier Gewinne erzielt, die zum Beispiel zum Betrieb der Bäder und für andere Aufgaben der Daseinsvorsorge verwendet werden. Das macht unabhängiger von fossilen Energielieferungen aus aller Welt und dient dem Klimaschutz. Bürgerbeteiligung ist erwünscht.

Wärmenetze als Rückgrat der klimaneutralen Wärmeversorgung

Über 50 Prozent des Tübinger Energiebedarfs entfällt auf den Bereich der Wärme. Wir wollen, dass dieser Sektor neben den Themen Strom und Verkehr stärker ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt wird. Wärmenetze, die von erneuerbaren Energien und/oder industrieller Abwärme gespeist werden, bilden einen wichtigen Pfeiler für die klimaneutrale Wärmeversorgung in der Stadt. Wir wollen deshalb noch stärker Solarthermie, Umgebungswärme, wie zum Beispiel Erdwärme und Wärme aus dem Grund-, Ab- oder Neckarwasser sowie industrielle Abwärme als Wärmequellen erschließen. Zudem setzen wir uns für einen verstärkten Ausbau der Netze ein, um das im Klimaschutzprogramm verankerte Ziel zu erreichen, über diese mindestens 300 GWh – besser noch 400 GWh – Wärme pro Jahr abzugeben. Mit der Bereitstellung von klimaneutralen Wärmenetzen erhalten die Tübinger*innen eine attraktive Alternative zum Ersatz für fossile Heizungen bei gleichzeitigem Raumgewinn (durch Wegfall des Heizungsraums) und damit einen doppelten Anreiz zur Beteiligung. Wir unterstützen die Stadtwerke beim Aufbau und Betrieb eines regionalen Kooperationsprojekts zur Erzeugung von Biogas aus Bioreststoffen von gewerblichen und privaten Haushalten.
Auf die Nutzung von Holz zur Wärmeerzeugung für die Wärmenetze werden wir vermutlich nicht verzichten können, wenn wir unseren Energiebedarf in Zukunft ohne fossile Brennstoffe decken wollen. Aus ökologischen Gründen kommt hierfür nur Schadholz sowie Restholz aus der nachhaltigen Forstwirtschaft und holzartige Abfälle zum Beispiel aus Haushalten und Gewerben in Betracht. Zudem ist für uns klar, dass alle Arten der Wärmerzeugung, bei denen keine Treibhausgas-Emissionen entstehen, Vorrang vor der Nutzung von Holz haben müssen. Keinesfalls darf der Betrieb eines Heizkraftwerkes dazu führen, dass mehr Holz aus den Wäldern entnommen wird, als die Ökosysteme – insbesondere im Hinblick auf die klimakrisenbedingten Herausforderungen – vertragen. Die Verpflichtung, ausschließlich Holz aus zertifizierter Forstwirtschaft und aus der Region zu verbrennen, ist für uns die Mindestanforderung.

Den Energiebedarf im kommunalen Gebäudebestand reduzieren und regenerativ decken

In Tübingen wurden bereits viele städtische Gebäude energetisch saniert. Auch die gemeinnützige Wohnbaugesellschaft (GWG) spielt hier eine Vorreiterrolle. Wir sind entschlossen, den städtischen Gebäudebestand vollständig auf den neuesten Stand der energieeffizienten Technologien zu bringen.
Bei der Wirtschaftlichkeitsrechnung kommunaler Bauvorhaben bezieht die Stadt auch eine Abschätzung des CO2-Schattenpreises in der aktuell vom Umweltbundesamt vorgeschlagenen Höhe (2023: 201 Euro pro Tonne CO2) in die Bewertung ein.

Mehr erneuerbare Energien bei der Strom- und Wärmeversorgung

Um den in Zukunft wachsenden Strombedarf mit regenerativer Energie zu decken, wollen wir die wenigen Möglichkeiten, die es auf Tübinger Markung für Windkraft gibt, nutzen.
Deshalb unterstützen wir die Planungen der Stadtwerke für den Windpark Großholz bei Kusterdingen und setzen uns auch für weitere Standorte wie den Rammert ein. Dabei ist uns wichtig, dass für Bürger*innen finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten geschaffen werden.
Im Sommer 2022 gingen die „Lustnauer Ohren“ – die erste Freiflächen-Photovoltaik-Anlage in Tübingen – ans Netz. Mit den „Traufwiesen“ folgt 2024 die nächste. Um unsere Ausbauziele für Photovoltaik zu erreichen, müssen weitere Freiflächen gesucht werden, auf denen Anlagen im Einklang mit landwirtschaftlichen und ökologischen Belangen errichtet werden können. So sollen zum Beispiel vorhandenen Freiflächen im Bereich von Straßenrändern, Lärmschutzwällen und auf größeren Parkplätzen genutzt werden. Eine Photovoltaik-Überdachung bietet neben der Stromerzeugung zusätzliche Synergieeffekte wie zum Beispiel Schatten und somit Kühlung.

Klimaneutral geplante Quartiere sind attraktiv

Wir wollen, dass Möglichkeiten der Errichtung von Speicherkapazitäten für Strom und Wärme erarbeitet und erweitert werden. Zudem sollen Potenziale für die Erzeugung, Speicherung und Nutzung von Wasserstoff in Spitzen der erneuerbaren Stromerzeugung geprüft werden.
Energie- und Wärmeleitplanungen müssen auch kleinräumig gedacht und umgesetzt werden. In einem Klimaschutzplan für jedes einzelne Quartier und jeden einzelnen Teilort werden alle Ressourcen, Potenziale und Bedarfe zusammengefasst. Davon sind Photovoltaik und Solarthermie, geothermische Potenziale, Ladesäulen, Stromnetze, Quartiersspeicher, Heizsysteme, (Mini- und Nachbarschafts-)Wärmenetze, Wärmepumpen und deren Wärmequellen ebenso betroffen wie Maßnahmen zur Klimaanpassung und -resilienz (Stadtbegrünung, Schwammstadt, Bewässerung). Durch die Integration der Nachhaltigkeit bei der Planung werden nicht nur Beiträge zur Klimaneutralität 2030 geleistet, sondern es entstehen auch attraktive Quartiere mit hoher Aufenthaltsqualität.

Den Tübinger Betrieben ein guter Standort sein

Den Flächenbedarf ohne großflächige Gewerbegebiete decken


Da wir aus ökologischen Gründen keine neuen Flächen im Außenbereich ausweisen wollen, ist es umso wichtiger, sparsam mit den bestehenden Gewerbeflächen umzugehen. Durch optimale Nutzung der bestehenden Gewerbegebiete sollen Bestandsfirmen die notwendigen Erweiterungsmöglichkeiten erhalten. Ebenerdige Parkplätze in Gewerbegebieten sind Flächenverschwendung. Künftige Gewerbebauten sollen möglichst mehrstöckig geplant werden und bestehende Parkplätze könnten überbaut werden.
Durch die Festsetzung von gemischt genutzten Quartieren entsteht weiterer Raum für wohnverträgliches Gewerbe und innovative Start-ups. Für Neuansiedlungen und für Betriebserweiterungen, die innerhalb bestehender Gewerbegebiete nicht zu realisieren sind, streben wir regionale Kooperationen mit anderen Gemeinden an.


Städtisches Engagement gegen Arbeitskräftemangel


Es muss besser gelingen, Menschen, die aus anderen Ländern zugezogen sind, in die Berufswelt einzugliedern. Dazu ist eine gute Kooperation zwischen allen beteiligten Behörden in Stadt und Landkreis sowie der Arbeitsverwaltung unverzichtbar. Es muss ein wichtiges Ziel städtischer Bildungsanstrengungen sein, dass Jugendliche die Schule nicht ohne Ausbildungsreife verlassen. Sie werden in den hiesigen Betrieben dringend gebraucht. Ein passendes Angebot zur Kinderbetreuung ist für viele Eltern eine der Voraussetzungen, einen Arbeitsplatz in Tübingen anzunehmen. Daher sind alle Anstrengungen der Stadt zum Ausbau des Angebots in der Kinderbetreuung ein wichtiger Beitrag für Tübinger Unternehmen bei der Mitarbeitergewinnung und bei der Mitarbeiterbindung.


Eine einladende Innenstadt stärkt Handel und Gastronomie


Je mehr die Innenstadt zum Verweilen einlädt, desto attraktiver ist sie auch für Kund*innen. Hier hat Tübingen schon vieles erreicht. Das Zinserdreieck wurde umgestaltet, das umgebaute Schimpfeck und der Haagtorplatz im Sommer 2023 sind als Erfolge zu nennen. Da dies auch die Verringerung des Autoverkehrs bedeutet, braucht die Innenstadt ein funktionierendes Logistikkonzept für die Anlieferung der Waren. Das Parkleitsystem soll weiter ausgebaut und bekannt gemacht werden.
Zur Attraktivität gehört auch, dass die Straßen nicht vermüllt sind. Neben dem Umstieg auf immer mehr Mehrwegverpackungen, unterstützt durch die Verpackungssteuer, muss auch das achtlose Wegwerfen im öffentlichen Raum reduziert werden. Die erhöhten Bußgelder dafür sollen in der Praxis auch erhoben werden. Aktuell wird im Rahmen des Altstadt Rahmenplans mit einer großen Bürgerbeteiligung die Gestaltung der Altstadt besprochen. Hierbei geht es darum, wie Bewahrung, Veränderung und Entwicklung in der Altstadt in Einklang gebracht werden können. In diesem Prozess soll darauf geachtet werden, dass Handel und Gewerbe von diesen neuen Überlegungen profitieren können. Beispielsweise durch die Gestaltung der Außenbewirtschaftung der Gastronomie, aber auch durch Impulsprojekte wie das „Probiererle“ soll die Attraktivität der Altstadt erhöht werden. Wir unterstützen diesen Beteiligungsprozess ausdrücklich und befürworten die Entwicklung, die damit vorangetrieben werden soll. Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass die Altstadt ein guter Ort zum Wohnen auch für Familien, Ältere, Berufstätige und andere Menschen bleibt, die im Quartier verankert sind. Sie sind wesentlich für die Lebendigkeit der Altstadt und für die Tragfähigkeit der Läden und Dienstleister auch außerhalb der großen Events.
Der Tourismus ist ein wichtiger Faktor für die Wirtschaft der Innenstadt. Im Stadtmarketing soll neben den kulturellen und historischen Besonderheiten der Stadt auch die ökologische Ausrichtung Tübingens beworben werden. Durch den neuen Busbahnhof und das Deutschlandticket ist es künftig sehr einladend, mit dem öffentlichen Verkehr nach Tübingen zu reisen und dort die verschiedenen Angebote für die innerstädtische Mobilität zu nutzen.

Fair, regional und ökologisch wirtschaften

Bei der kommunalen Beschaffung müssen regionale Wertschöpfungsketten und fairer Handel einen hohen Stellenwert haben und wo immer rechtlich und wirtschaftlich möglich sollen sie zum Zuge kommen. Der ökologische Fußabdruck der Produkte soll darüber hinaus ein Ausschreibungs- und Auswahlkriterium sein – zum Beispiel bei Baustoffen oder Lebensmitteln. Die Stadt soll Strukturen unterstützen, die Lebensmittel verteilen, statt sie wegzuwerfen. Bildungsangebote und Veranstaltungen sollen den Boden bereiten für eine verstärkte Nachfrage nach fair gehandelten Produkten, Produkten mit Bio-Siegel und Produkten aus der Region. Tübingen ist seit einigen Jahren anerkannte Fair-Trade-Stadt. Die daraus resultierenden Ansprüche soll sie weiterhin engagiert umsetzen.
Im Einflussbereich der Stadt setzen Al/Grüne sich für eine gesunde, regionale, saisonale und fleischarme Ernährung ein.

Umsichtiges Haushalten mit den städtischen Finanzen

In den vergangenen Jahren haben wir im Gemeinderat erreicht, dass notwendige Investitionen und solide Finanzen in den Blick genommen wurden. Ein ausgewogener und den Gegebenheiten angepasster Haushalt ist uns auch in Zukunft wichtig.

Augenmaß bei den städtischen Steuerhebesätzen

Wir wollen bei der Grundsteuer im Jahr 2025 den städtischen Hebesatz so anpassen (voraussichtlich deutlich senken), dass sich für Tübingen insgesamt keine höheren Einnahmen aus der Grundsteuer ergeben.

Geschlechtergerechtigkeit ist nicht zuletzt auch ein Finanzthema

Al/Grüne wollen bei den städtischen Ausgaben ein Augenmerk darauf haben, inwieweit sie Männern und Jungen einerseits und Frauen und Mädchen andererseits zugutekommen. Der Fokus auf frauen- und mädchenspezifische Bedürfnisse und Wünsche muss auch in der finanziellen Förderung von Projekten deutlich werden.

Inklusion in der Teilhabe am Arbeitsleben

Die Stadt hat eine 75-Prozent-Stelle zur strukturierten Bearbeitung des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) geschaffen. Bis 2025 will sie vier volle inklusive Stellen schaffen, die auch geteilt werden können.
Tübingen lobt jährlich einen Preis „Vorbildliche inklusive Arbeitergeber*innen“ aus und es werden Image-Filme über Erfolgsbeispiele bei öffentlichen und privaten Arbeitgeber:innen erstellt und über soziale Medien und andere Kanäle verbreitet. Jährlich führt die Verwaltung einen Erfahrungsaustausch ihrer verschiedenen betroffenen Fachabteilungen durch. Die Stadt baut zusammen mit der Fachstelle für inklusives Arbeiten, der Handwerkskammer und der WIT einen Erfahrungsaustausch zur Förderung der Beschäftigung von Menschen mit Einschränkungen auf. Stadtintern wird ein Forum geschaffen, bei dem Menschen mit Einschränkungen, die bei der Stadtverwaltung arbeiten, ihre Erfahrungen austauschen. Die Stadt stellt auf ihrer Website gelungene Beispiele von inklusiven Arbeitsplätzen vor.

Die Tübinger Wirtschaft kann sich sehen lassen: Sie hat in den letzten Jahren mehr Gewerbesteuer erwirtschaftet als andere Städte. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um wirtschaftlich schwierige Zeiten gut zu überstehen. Tübingen zeichnet sich durch eine Wirtschaftsstruktur aus, die sich stark von den Schwerpunkten Baden-Württembergs unterscheidet. Auch dadurch ist Tübingen krisenfester als andere Städte. Die vielen Kliniken bringen wirtschaftliche Stabilität. Bei Forschung in den Zukunftssparten Medizintechnik, Künstliche Intelligenz und Biotechnologie ist Tübingen führend. Dort entstehen neue Arbeitsplätze, die wirtschaftliche Sicherheit in Zeiten des Strukturwandels schaffen. Durch den Arbeitskräftezuwachs in Tübingen ist es notwendig, ausreichend und bezahlbaren Wohnraum sowie ein passendes Kinderbetreuungsangebot für Berufstätige anzubieten. Eine einladende Innenstadt stärkt den Handel und die Gastronomie. Wir AL/Grüne fordern ein funktionierendes Logistikkonzept für die Anlieferung der Waren. Fair, regional und ökologisch zu wirtschaften kann umgesetzt werden durch die Einhaltung regionaler Wertschöpfungsketten und fairen Handel, wo immer dies rechtlich und wirtschaftlich möglich ist.
Auch wollen wir bei den städtischen Einnahmen und Ausgaben Maß halten, auch bei der Erhebung von Steuern. Geschlechtergerechtigkeit ist nicht zuletzt auch ein Finanzthema, welches wir in den Finanzentscheidungen berücksichtigen werden.

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