Grünes Sofa "Landwirtschaft"

Zum grünen Sofa mit Thema Landwirtschaft fanden am 6. Oktober rund 30 Gäste ihren Weg in die Tübinger Waldorfschule. Moderatorin Cordula Rutz, Kreisrätin der Grünen und Agrarwissenschaftlerin, begrüßte neben den Gästen Maria Heubuch, Milchbäuerin und seit 2014 Europaabgeordnete der Grünen mit den Schwerpunkten Landwirtschaft und Entwicklungspolitik, und Harald Ebner, Diplom-Agraringenieur und seit 2011 für die Grünen im Bundestag, auch Impulsgeber aus der Bauernschaft (Christian Reutter, Kreisbauernverband), dem Handwerk (Karlheinz und Manuela Grießhaber, Metzgerei Grießhaber) und dem Handel (Michael Brinkmann, Abteilungsleiter im Edeka-Großhandel). So konnten vielfältige Perspektiven auf die Fragen der Moderatorin und des Publikums aufgezeigt werden.

Ein großes Problem weltweit ist die Landkonzentration. Grund und Boden sind eine lohnende Investition, das „Geld sucht sich Wurzeln“. Für Tübingen konnte Landwirt Reutter erläutern, dass die kleinen Flurstücke im Realteilungsgebiet für Großinvestoren nicht von Interesse seien, aber dass Pachtpreise steigen und der Siedlungsdruck groß sei.

Harald Ebner erläuterte, was Biopatente sind, wieso sie innovationsfeindlich sind und Vielfalt verhindern. Das Europäische Patentamt als Agentur finanziert sich aus Patentgebühren und profitiert darum von der unscharf formulierten europäischen Biopatentrichtlinie. Auf die Frage nach seiner Einschätzung des Monsanto-Kaufs von Bayer sprach er von einer „beängstigenden Konzentration“, es würden danach 95% des Saatguts in Europa von vier Konzernen geliefert. Der Agrarmarkt ist ein krisenfestes Geschäft für Konzerne, denn essen müssen Menschen immer. Harald Ebner fordert eine genaue Prüfung dieser „Elefantenhochzeiten“.

Metzger Grießhaber schilderte eindringlich, wie Metzgerei bei der Erde anfängt: „Gesunde Erde bringt gesunde Tiere“. Lieber sollten wir weniger Fleisch und Wurst produzieren, dafür bewussst. Milch, Fleisch und Getreide sollten nicht „verramscht“ werden. Milchbäuerin Heubuch hat 35 Jahre lang von ihrem Hof gelebt. Sie sieht die Lösung für den niedrigen Milchpreis in der Mengenreduzierung. Deutsche Bauern könnten im globalen Massenmarkt nicht mithalten und nicht verdienen.

Schnell wird auf den Handel als Schuldigen gezeigt. Abteilungsleiter Brinkmann sagt hierzu: „Kein Lebensmittelmarkt ist so knallhart wie Deutschland.“ Es sei ein Grundproblem, dass die Verbraucher dazu erzogen wurden, den Wert von Lebensmitteln nicht zu schätzen. Die Masse der Verbraucher sei nicht bereit für Qualität mehr zu bezahlen, weswegen der Handel nur wenig beitragen könne. Den überregionalen Handelsketten sei es auch egal, wir sie ihr Geld verdienen. Seiner Meinung nach ist hier der Gesetzgeber gefordert.

Nach dem Thema der Abnahme von Insekten (erkennbar an den sauberen Windschutzscheiben im Sommer) aufgrund der gewandelten Agrarstruktur und Pestiziden ging es um den Sinn und Verwendung von Subventionen. Maria Heubuch betonte die Komplexität des Themas und warnte vor schnellen Urteilen. Harald Ebner hält es für absolut richtig, wenn kleinere Betriebe für die ersten Hektar mehr erhalten und Subventionen so der Konzentrierung entgegenwirkten. Er fordert mehr Transparenz für den Markt, z.B. eine Bezifferung für Tierhaltungssysteme wie bei den Eiern. Nach „Kein Ei mit der Drei“ wäre „Kein Tier mit der Vier“ dran.

Der Tübinger grüne Bundestagsabgeordnete Chris Kühn betonte, dass der größte Flächenverbrauch im ländlichen Raum stattfinde und schlägt als Lösung den Zertifikatehandel mit Flächen vor. Er sprach auch die sich weiter verbreitende Idee an, die Nahrungsmittelproduktion wieder mehr in die Stadt zu bringen und fragte Heubuch, ob dies im Europäischen Parlament ein Thema sei. Sie verneinte bedauernd und betonte das Potential der kleinbäuerlichen Landwirtschaft und die Notwendigkeit von Modellen für die zunehmende Urbanisierung. Der Ökolandbau sei das große Ziel, der Weg dahin aber noch lang. Die Landwirtschaft bräuchte insgesamt eine Ökologisierung.

 



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