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Einst galt sie als grüne Spinnerei

von Markus Goller

Die Regionalstadtbahn ist ein gutes Beispiel dafür, dass Kommunalpolitik einen langen Atem und viel Geduld erfordert: Vor 25 Jahren hat unser Fraktionsmitglied Gerd Hickmann erstmals wissenschaftlich die Realisierung einer Schienenverbindung nach und durch Tübingen untersucht. Von 1994 stammt die Machbarkeitsstudie im Auftrag des Regionalverbands Neckar-Alb, seit sechs Jahren existiert eine Kosten-Nutzen-Berechnung ("Standardisierte Bewertung") als Voraussetzung für die Förderung durch Bund und Land.

Nun steht das Modul 1, die Elektrifizierung der Ammertal- und Ermstalbahn, vor dem Baubeginn. Der Antrag für die 60-Prozent-Förderung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) liegt seit einer Woche beim Bund, das Land hat seine 20-Prozent-Förderung zugesichert. Ab dem Herbst soll eine Projektgesellschaft die Planung der weiteren Module sowie eine Finanzierungsvereinbarung der beteiligten Projektpartner übernehmen. Denn für das Gesamtprojekt geht es nach Modul 1 erst richtig los.

Vor allem die Innenstadtstrecken stellen eine Herausforderung dar. Aus Tübingen hört man den Einwand, das gute Stadtbusnetz erfülle doch schon alle Bedürfnisse. Richtig ist, dass die Regionalstadtbahn keine Antwort auf die Probleme des Tübinger Binnenverkehrs ist, da fast 75 Prozent der Wege in Tübingen mit dem Bus, zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Aber: Bei rund 90 Prozent des Tübinger Verkehrs liegen entweder Start- oder Zielpunkt außerhalb der Stadt, bei einem Autoanteil von rund 75 Prozent. Diese Lücke im ÖPNV-Angebot soll die Regionalstadtbahn schließen.

Auch abseits der Verkehrsbetrachtung ist die Regionalstadtbahn für Tübingen wichtig. Ohne Übertreibung kann man sagen, dass die explodierenden Kosten des Wohnens derzeit das schwierigste kommunalpolitische Problem der Stadt sind. Mit Neubauten alleine wird man dies nicht lösen können, Andere Regionen zeigen: Wo immer ein Schienensystem eine Stadt mit dem Umland verbindet, steigen entlang der Strecke die Immobilienpreise und verringern den Preisanstieg im Stadtkern. Dieses sozialpolitische "Überdruckventil" benötigt auch Tübingen dringend.

Daher ist zu wünschen, dass dieses - einst als "Grüne Spinnerei" belächelte - Projekt weiter Rückhalt in allen politischen Gremien hat und auf dem weiteren, langen Weg von einer Mehrheit der Bevölkerung getragen wird.

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